„Kindeswohl ist Gesellschaftswohl“ – Prof. Dr. Kathinka Beckmann referierte über das Bundeskinderschutzgesetz

Veröffentlicht am 14.03.2015 in Kommunales

Prof. Dr. Beckmann referierte im Kulturwerk Wissen über das Bundeskinderschutzgesetz im Kontext lokaler Jugendhilfe.

Pressemitteilung des SPD-Kreisverbandes Altenkirchen:

Die Jugendhilfe in Deutschland ist in einer Schieflage, sowohl was die Finanzierungsweise als auch die personelle Ausstattung der Jugendämter betrifft. Diese Überzeugung vertrat Prof. Dr. Kathinka Beckmann von der Hochschule Koblenz. Beckmann war auf Einladung des SPD- Kreisverbandes Altenkirchen und der SPD- Kreistagsfraktion sowie dem SGK- Regionalverband zu Gast im Kulturwerk Wissen. Im Mittelpunkt ihres Vortrages zum Thema „Kindeswohl ist Gesellschaftswohl“ stand das im Januar 2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz im Kontext lokaler Jugendhilfe.

Die Kreis- SPD hatte mir Prof. Dr. Beckmann eine ausgewiesene Fachfrau auf dem Gebiet der Jugendhilfe für die Fachdiskussion gewinnen können. Die Sozialwissenschaftlerin promovierte zum Thema „Kinderschutz in der kommunalen Sozialpolitik“. In verschiedenen Veröffentlichungen setzt sie sich mit den Grenzen und Möglichkeiten der Jugendhilfeausschüsse und dem Umgang mit Missbrauchsvermutungen auseinander. Entsprechend groß war das Interesse des überwiegend aus dem Bereich der Kinder- und Jugendarbeit stammenden Publikums

Kreistagsfraktionssprecher Bernd Becker hatte in seiner Begrüßung mit der Forderung nach einer präventiven Kinder- und Jugendarbeit einen Kernpunkt aus dem Kommunalwahlprogramm der Sozialdemokraten aufgegriffen. „Die Verbesserung der Jugendhilfe liegt uns sehr am Herzen“, bestätigte der Kreisvorsitzende Andreas Hundhausen. Die SPD spricht sich in dem Programm für eine „aufsuchende Jugendhilfe“ nach dem Dormagener Modell aus. Dabei werden Familien von Anfang an begleitet und unterstützt, damit das Jugendamt möglichst gar nicht mehr eingreifen muss.

Beckmann, von Haus aus Sozialpädagogin, berichtete aus ihrer praktischen Arbeit mit gewaltgeschädigten Kindern. Wie ein Roter Faden ziehe sich bei den untersuchten Einzelfällen die Erkenntnis, dass sich eine empfehlungsgemäße Betreuung positiv auf den weiteren Werdegang der Kinder und Jugendlichen auswirke. Nicht zu vernachlässigen sei dabei auch die gesamtgesellschaftliche Komponente. „Es rechnet sich, am Anfang mehr Geld für die Betreuung auszugeben“, so Beckmann. Eine finanziell günstigere Unterbringung von Kindern entgegen der Empfehlung hätte langfristig oft kostenintensivere Maßnahmen für das Jugendamt und damit die Kommunen zur Folge.

Die Zahlen sind alarmierend: im Jahr 2013 wurden in Deutschland 153 Kinder getötet. Fast alle seien im häuslichen Umfeld zu Tode gekommen. Über 4.000 Misshandlungen wurden ärztlich diagnostiziert. Für Beckmann ist dies nur die Spitze des Eisbergs. Laut Schätzungen seien täglich 80.000 Kinder von Gewalt bedroht.

Die Sozialwissenschaftlerin sieht in der Finanzierung der Jugendhilfe den „größten Stolperstein“ im System. So müssten die Kommunen mit einem Kostenanteil von 78 Prozent den Großteil selbst finanziell stemmen. 18 Prozent tragen die Länder bei. Vom Bund kommen lediglich vier Prozent. Dabei müsse Kindeswohl eigentlich Staatsaufgabe sein. Beckmann verdeutlichte: „Von den rund 80 Mio. Einwohnern in Deutschland sind nur 15 Prozent unter 18 Jahren.“ Deshalb könne es sich die Gesellschaft eigentlich nicht leisten, auf die Kinder nicht gut aufzupassen. Das Grundübel stecke aus ihrer Sicht im §79 des Bundeskinderschutzgesetzes, wonach die Träger der öffentlichen Jugendhilfe (sprich die Kommunen) für eine ausreichende Ausstattung der Jugendämter und eine dem Bedarf entsprechende Anzahl von Fachkräften zu sorgen hätten. Es mangele der Bundespolitik insgesamt an einer willensstarken Kinder- und Jugendpolitik. Beckmanns Kernforderung in Richtung Berlin lautete deshalb, die Kommunen aus der Verantwortung als Hauptfinanzierer der Jugendhilfe zu entlassen. Sie sprach sich außerdem für die Einberufung eines unabhängigen Beauftragten für alle Belange von Kindern aus.

„Sie haben vielen Leuten hier aus dem Herzen gesprochen“, erklärte im Anschluss der Kreisbeigeordnete Klaus Schneider, zuständig für die Jugendhilfe im Kreis Altenkirchen. Sowohl die Kosten als auch die Fallzahlen hätten sich in den letzten Jahren im Landkreis erheblich erhöht.  Schneider wies auf die gesellschaftlichen Veränderungen hin. „Die heile ländliche Welt existiert in der Form nicht mehr“, lautete seine Erkenntnis. Dabei seien Fälle von Kindeswohlgefährdung auch in vermeintlich „geordneten Familien“ zu verzeichnen.  In der Kreisverwaltung habe man durch organisatorische Änderungen reagiert und zusätzliches Personal angefordert. Ziel müsse es sein, die behandelten Fallzahlen pro Mitarbeiter von derzeit 67 auf den Landesdurchschnitt von 41 Fällen pro Jahr zu senken. Wie Klaus Schneider brach auch die Leiterin des Jugendamtes Susanne Nolden eine Lanze für die Kompetenz und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Abteilung. Alle auflaufenden Fälle würden umfassend fachlich analysiert, um passgenaue Hilfe anbieten zu können, versicherte Nolden.

 

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